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SBF Persönlich

15.09.2022

© Maher Akraa, Flüchtlingskind an der türkisch-syrischen Grenze, 2013

Maher Akraa. Der aus Syrien stammende Akraa hat eine ungewöhnliche Fotografenlaufbahn. 1989 in Aleppo, der Hauptstadt Syriens, geboren, absolvierte er 2007 bis 2011 ein Studium an der Faculty of Fine Arts in Aleppo. 2007 markiert den Beginn seiner journalistischen und fotografischen Laufbahn bei lokalen Medien.

Seit 2011 herrscht in Syrien Krieg. Von 2006 bis 2016 fotografierte Maher die historische Altstadt von Aleppo vor und nach dem Krieg, um die Zerstörung des UNESCO-Weltkulturerbes zu dokumentieren. 2006 wurde er durch den «United Nations Populations Fund» für das beste Foto in der Kategorie «Kinderarbeit» in Syrien ausgezeichnet. 2015 bis 2016 dokumentierte er die russische Bombardierung von Aleppo. Es folgten Aufenthalte als Journalist in Syrien, Libanon, Türkei.

Seit 2016 lebt Maher in der Schweiz. Dem SBF erzählt  Maher, was er mit seiner Fotografie erreichen will und er berichtet von seinen Erfahrungen als Kriegsreporter und über sein Leben in der Schweiz.

Du hast bereits in Syrien als Fotograf gearbeitet. Was hat dich zur Fotografie gebracht? Meine Leidenschaft für die Fotografie war es, die Altstadt von Aleppo und die dort lebenden Menschen zu fotografieren. Ich liebe es, Momente in Bildern festzuhalten, speziell dann, wenn Worte diese nicht beschreiben können.
 
Was waren damals deine fotografischen Schwerpunkte, was sind sie heute in der Schweiz? Die Dokumentation der Altstadt von Aleppo, vor allem die geschichtlichen Gebäude sowie Portraits der Gesellschaft waren meine Schwerpunkte. Auch fotografierte ich kulturelle Events, Nachrichten und Sport. In der Schweiz war ich oft an der UN-Genf und habe die politischen Konferenzen festgehalten. In Zürich bin ich als Fotograf für kulturelle Events und im universitären Bereich tätig.
 
Wie muss man sich das fotografische Arbeiten während des Krieges vorstellen? Was waren die Schwierigkeiten? Als Kriegsfotograf befindet man sich immer in Gefahr. Entsprechend hoch ist die Anspannung. Die grösste Schwierigkeit war die psychische Belastung bei der Dokumentation der Situation der Bevölkerung in Flüchtlingscamps und in zerstörten Orten. Natürlich darf man nicht vergessen: Jedes Foto ist ein Teil der Heimat, wo du aufgewachsen bist.
 
Gab es Situationen, die bedrohlich waren für dich? In Syrien herrscht bekanntlich ein diktatorisches System. Deshalb bist du als Journalist immer auch eine Zielscheibe. Als Fotograf erkennt dich sofort jeder aufgrund deiner Kamera, wodurch du einer sehr hohen Bedrohung ausgesetzt bist. Drohungen erhältst du von allen Seiten. Sehr gefährlich sind diejenigen des syrischen Regimes (Geheimdienst) und von radikalen Gruppierungen. Meine letzte Todesdrohung erhielt ich allerdings auf dem Boden der Vereinten Nationen Genf.
 
Was möchtest du mit deinen Dokumentationen erreichen? Mein Herzensprojekt ist ein Fotobuch der Altstadt von Aleppo mit Bildern vor und nach dem Krieg. Dadurch möchte ich das kulturelle Erbe in Erinnerung behalten und für alle Menschen zugänglich machen. In der Schweiz möchte ich mit meiner Fotografie die Gesellschaft festhalten, um ihre Diversität und das Zusammenleben der Bevölkerung zu dokumentieren.
 
Warum bist du in die Schweiz gekommen und wie erlebst du deine Arbeit als Fotograf hier? Durch meine Arbeit als Journalist und Fotograf erhielt ich Todesdrohungen und war gezwungen, von Syrien in den Libanon und weiter in die Türkei zu fliehen. Im Jahr 2016 war ich auf dem Weg als Korrespondent an die UN-Genf zur Teilnahme an der «Syrian Talks» Konferenz, wo ich von der türkischen Polizei am Flughafen ohne Erklärung des Landes verwiesen wurde. Seither lebe ich in der Schweiz. Die Pressefreiheit in der Schweiz fördert die kreative Arbeit als Fotograf, denn hier kann ich arbeiten ohne Angst haben zu müssen.
 
Du hast 2018 in der Schweiz die Medienplattform «Brocar Media Network» gegründet. Was ist deren Ziel? Die Plattform wurde gegründet, um unabhängig über die aktuellen Entwicklungen im mittleren Osten zu berichten. Leider musste die sie wegen massiver Cyberangriffe stillgelegt werden. Nach Kontaktaufnahme mit dem Nationalen Zentrum für Cybersicherheit NCSC und der CyberCrime Polizei Zürich, benötigen gemäss dem Expertenbericht Cyberangriffe in diesem Ausmass eine Organisation und eine Finanzierung im Hintergrund, zum Beispiel durch Regierungen. Weblink