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SBF Persönlich

17.06.2021

© Pedro Rodrigues, Gletsch, 2016

Pedro Rodrigues. Rodrigues (32) ist seit 2012 freischaffender Fotograf in Visp und Bern. Der eidg. dipl. Fotodesigner zählt bekannte Namen wie Migros, die Berner Fachhochschule, Swisslife oder Zermatt Tourismus zu seinen Kunden. Rodrigues Schwerpunkte sind die Konzept-, Dokumentar- und Werbefotografie.

Der Walliser ist nicht nur in der Auftragsfotografie tätig, sondern realisiert auch eigene freie Arbeiten, die von seiner eigenen Lebensgeschichte als Walliser mit portugiesischen Wurzeln beeinflusst sind. In diesen eigens definierten und zeitlich unabhängigen Langzeitprojekten findet er Zugang zu Menschen und Geschichten, die oft nicht im Fokus der Gesellschaft stehen und zu alltäglichen und unscheinbaren Themen. Rodrigues realisiert Bildgeschichten, die sich den Portraitierten respektvoll annähern, immer genügend Raum und Würde miteinschliessen und trotzdem tief blicken lassen. Seine freien Arbeiten werden in regelmässigen Abständen auf verschiedenen Plattformen veröffentlicht oder ausgestellt. 

Pedro war bereits einmal Gast in der SBF INFO vom Februar 2020. Damals wurde sein eben veröffentlichtes Buch «Jenseits des Anfangs», welches das Leben der Nonnen im Kloster St. Ursula Brig dokumentierte, vorgestellt. Die Redaktion hat sich mit Pedro über dieses Buch und über seine Arbeitsweise in Langzeitprojekten unterhalten.

Wie wurde das Buch von den Nonnen aufgenommen? Die Reaktionen waren mehrheitlich positiv. Für alle Beteiligten war dieses Projekt eine Konfrontation mit der Frage, wie die Zukunft des Klosters aussieht. Diese Frage war unterschwellig bei den Schwestern präsent, wurde jedoch erst durch das Buch zum Thema. Die Tatsache, dass die Veröffentlichung auf grosses, regionales Interesse stiess, gefiel nicht allen. Mit den Bildern, die erstmals durch eine aussenstehende Person realisiert wurde, mussten zuerst alle Beteiligten eine Umgangsform finden. Es war nicht mein Ziel, Imagebilder zu zeigen, sondern Alltagssituationen, die dem Kloster gerecht werden. 

Wie kam es zu diesem Projekt? Durch einen redaktionellen Auftrag. Zu Beginn war mir allerdings das Ziel dieses Projektes nicht klar und es herrschte grosses Misstrauen mir gegenüber. Dennoch löste dieser Ort eine grosse Faszination in mir aus und die Neugier, zu verstehen, warum und wie so ein Leben im Kloster vonstatten geht. Zuerst musste ich jedoch Vertrauen aufbauen, bis ich mich alleine und frei im Kloster bewegen konnte.

Arbeitest du aktuell an weiteren Langzeitprojekten? Zurzeit bin ich in der Endphase meiner Arbeit über die Siedlung Gletsch. Das Langzeitprojekt habe ich während meiner Ausbildung zum Thema winterliche Einflüsse auf die Bergsiedlung begonnen. Die Bilder werden im Rahmen der Gruppenausstellung, Position Oberwallis 21.08. bis 12.09.2021 in der Galerie Schützenlaube gezeigt. Eine weitere Ausstellung ist für 2022 in Planung.

Welchen Fragen gehst du in deinen eigenen Fotoarbeiten nach? Fragen sind zum Beispiel: Was führt Menschen dazu, ihre Herkunft und ihre Kultur für eine neue Zukunft, neue Gelegenheiten hinter sich zu lassen? Wann und wo beginnt Heimat? Welchen Einfluss hat Religion auf unsere heutige Gesellschaft? In welcher Form verändert sich die alpine Landschaft?

Wie ist deine Arbeitsweise in diesen Projekten? Wichtig ist die Zeit. Deshalb hat sich die Form der Langzeitprojekte für mich bewährt. Zu Beginn versuche ich, der Idee eine Chance zu geben. Darauf folgt die Recherche und die Umsetzungsformen. Oft beginne ich sehr früh zu fotografieren oder zu filmen, wäge ab, ob daraus ein kreativer Prozess entsteht, setze Ziele und verfolge diese. Komme ich in eine Frustationsphase, lasse ich die Projekte ruhen. Bei freien Arbeiten kann ich ja den Zeitplan selber bestimmen.

Aus freien Arbeiten kann ich auch Aufträge akquirieren. Zudem gewinne ich durch freie Projekte immer wieder Erfahrungswerte, die ich in die Auftragsfotografie einfliessen lassen kann. Es ist eine schöne Balance zwischen Auftragsfotografie und freien Arbeiten, die meinen Fotografenalltag spannend gestaltet und auch die Mittel liefert, um mein Leben zu finanzieren.

Wie lässt du dich inspirieren? Inspirieren lasse ich mich durch den regelmässigen Konsum fotografischer Medien. Auch kaufe ich regelmässig Fotobücher, mit denen ich mich auseinanderzusetze. Daraus können eigene Bildumsetzungen entstehen oder Lösungswege für ein Projekt gefunden werden. Zudem besuche ich Ausstellungen, Fotofestivals, pflege einen regen Austausch mit Berufskollegen und wirke mit beim pool. All diese Faktoren sind eine grosse Inspirationsquelle für meine Arbeit. Sie beeinflussen meinen kreativen Prozess.

Was machst du in 10 Jahren? Ich werde in den nächsten Jahren sowohl freie Arbeiten als auch Auftragsarbeiten realisieren und mein erstes freies Projekt in Portugal umsetzen. Ich werde mich verstärkt mit der multimedialen Ebene auseinandersetzen und daran arbeiten, die Faszination und mein Interesse an der Fotografie aufrecht zu erhalten.

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